Showdown in Friedrichshafen

Dieser Trip lief eindeutig zu gut. Weder technische noch sonstige Probleme führten zu den von unseren skandalverwöhnten Lesern erwarteten Desastern. Nach einem zusätzlichen Wellnesstag in Dubrovnik war die Sternenkonstellation für unseren heutigen Heimflug äußerst günstig. Wenig Wolken unterwegs und vorwiegend blauer Himmel nördlich der Alpen und eine aufgelockerte Wolkenschicht am Zielort, das garniert mit kräftigem Rückenwind ließ uns einen Home-Run für den letzten Abschnitt erwarten.

Die ersten beiden Stunden lief alles wie erwartet, vielleicht ein paar mehr Wolken als vorausgesagt aber dafür 30 Knoten kostenlosen Schub von hinten. Nördlich der Alpen keine Wolken, nur etwas Dunst. Ab der Donauniederung (bei Ulm) änderte die sich die Lage: eine geschlossene Wolkenschicht in ca. 8000 Fuß und wenig später noch eine weitere gebrochene Schicht darüber. Auf 10 000 Fuß flogen wir weiter Richtung Heubach (bei Aalen, 50km östlich Stuttgart) in der Hoffnung, eine Wolkenlücke für den Wechsel von IFR nach VFR (Sichtflug) zu finden. Alternativstrategie war Weiterflug nach Schwäbisch Hall, dort über den ILS (Instrumentenlandesystem) durch die Wolken brechen und dann unten im Sichtflug nach Heubach.

Über Heubach diskutierten wir die Lage kurz mit dem Flugleiter Jörg Lohmann und es war schnell klar, dass wir dort heute nicht landen werden. Also ging es weiter nach Norden in Richtung Schwäbisch Hall. Der dortige Flugleiter beschied unsere Anfrage mit "vergesst es, 400 Fuß Wolkenuntergrenze, ihr kommt niemals nach Heubach". Auch nicht optimal.

Dann also Stuttgart, das nach wie vor "gebrochene Wolkenschicht 1200 Fuß über Platz" meldete. Der Platz ist nicht billig aber von dort kommt man wenigstens mit der S-Bahn weiter. Die Flugsicherung war äußerst kooperativ und so ließ man uns in 8000 Fuß weiterfliegen (außerhalb der Wolken) bis zum Instrumentenanflug der Bahn 25 in Stuttgart. Als es ans Sinken ging sahen wir wieder nur eine geschlossene Wolkendecke, die ziemlich dick sein musste. Wir können zwar durchsinken, werden dabei aber Eis aufpacken und haben dann eventuell ein Problem beim Durchstarten. Wir durften den Platz etwas abfliegen um die gemeldeten Wolkenlücken zu suchen und der Lotse fragte andere Flieger in der Nähe nach Löchern. Ergebnis: nix. Auch der Lotse auf dem Turm in Stuttgart bestätigte, dass es keine Lücken gibt. Die Wettermeldung für Stuttgart war definitiv falsch, was ziemlich skandalös ist, denn darauf müssen sich Piloten verlassen können. Ein Anruf beim Wettermann in Stuttgart am nächsten Tag brachte die Erklärung dieser "Falschmeldung": die Lücken der unteren Schicht waren zu klein um genau die Beschaffenheit der Wolken darüber bestimmen zu können und was nicht genau bestimmt werden kann, darf nicht gemeldet werden. Man wusste also von der geschlossenen Schicht, sagte aber nichts davon. Sehr unbefriedigend.

Nun war unsere Planung erschöpft und wir mussten uns etwas Anderes überlegen. Auf dem Herflug von Süden war gutes Wetter, im Norden wurde es immer schlechter also musste es nach Süden gehen. Der Lotse der DFS war extrem professionell und fragte sofort nach unseren Treibstoffreserven um die Lage einschätzen zu können. Mehr als 3 Stunden, das war also kein Problem (ein Hoch auf die TR182!). Wir sondierten die möglichen Plätze und funkten Mengen an aber auch dort war die Wolkendecke noch geschlossen. Als wir gerade weitere Alternativen diskutierten, meldete sich der Lotse und teilte mit, dass er etwas herumtelefoniert habe und uns Friedrichshafen mit blauem Himmel empfehle. Das war die perfekte Lösung: nur 20 Minuten entfernt, voll ausgestattet mit Instrumentenanflug, gute Infrastruktur, Grenzkontrollstelle, anständige Preise. Wir flogen also weiter an den Bodensee, ließen uns vom Schweizer Lotsen auf den Instrumentenanflug der Bahn 24 legen und rutschten diesen bei gutem Wetter zur Bahn herunter. Das Flugzeug verzurrt und eingepackt, Einreise durch den Zoll, eine kleine Stärkung und neue Beurteilung unsere Optionen.

Eine Besserung in Heubach im Laufe des Tages war nicht zu erwarten und der Hüpfer nach Stuttgart hätte uns (außer den hohen Kosten) nichts gebracht. Also Mietwagen und ab nach Heubach, wo Markus Auto im Hangar steht.

Den wirklichen Abschluss findet diese Reise also in ein paar Tagen, wenn Achim mit dem Zug nach Friedrichshafen fährt und die Cessna nach Hause bringt. Markus wird dann schon wieder in seinem Großraumbüro sitzen und Supporttickets bearbeiten.

Ist Petrus uns gewogen?

Wir haben bereits einige Worte darüber veloren — das von Fliegern so gefürchtete Wetter, die Naturgewalt gegen die wir nur über sehr begrenzte Mittel verfügen. Wir dürfen durch Wolken fliegen (IFR — Instrumentenflug) aber wir können das nur sehr begrenzt tun, denn unterhalb von 0°C lagert sich dort Eis auf dem Flugzeug ab, was uns relativ schnell vor ein Problem stellen kann. Wir können unter, über, neben oder auch in den Wolken fliegen, sofern sie keine Vereisung verursachen. Bevor wir losfliegen, möchten wir also wissen ob wir eine gute Chance haben, unser Ziel wie geplant zu erreichen. Es wäre dumm, wenn wir unterwegs merken würden, dass wir wegen Vereisung umkehren oder den Kurs massiv ändern müssen. Generell fliegen wir nur los, wenn wir wissen, dass wir im Falle des Falles sicher landen können, also noch eine Handbreit klare Luft zwischen der Erde und der Wolkenuntergrenze haben. Nach unserer Zulassung benötigen wir nur 400m Sicht und 60m zwischen Wolken und Landebahn aber wir möchten nicht einmal in die Nähe dieser Wetterbedingungen für eine Landung kommen, das ist nur etwas für Piloten, die sehr oft fliegen und das trainieren.

Für Piloten gibt es ständig aktuelle Wettermeldungen, das sind Tatsachenberichte von Wetterstationen und die sind erwartungsgemäß verlässlich. Für jeden größeren Flugplatz ermittelt ein System alle 30 Minuten die aktuelle Sicht, Bewölkung, Temperatur, Taupunkt, Luftdruck etc. Das Wetter der Zukunft ermitteln die Metrolügen. Für Flieger gibt es wiederum Spezialwettervorhersagen, die sich nicht nur mit dem Wetter am Boden, sondern auch mit den Bedingungen in den höheren Luftschichten beschäftigen. Jeder weiß, dass Vorhersagen schwierig sind, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Bestimmte Wetterlagen sind gut vorhersagbar, andere fast gar nicht. Nebelbildung ist so ein Phänomen, von dem Meteorologen bis heute sehr wenig Ahnung haben, da es sehr von lokalen Gegebenheiten abhängt und diese in den großen Computermodellen nicht genau genug abgebildet werden. Unser Startplatz liegt sehr günstig was Nebel angeht, so dass wir dieses häufige Problem im Winter nur sehr selten antreffen. Ein nahe gelegener Flugplatz befindet sich praktisch das ganze Winterhalbjahr über im Nebel.

Ein paar grundsätzliche Dinge über das Wetter weiß der Privatpilot: Es gibt Tief- und Hochdruckgebiete. In Tiefdruckgebieten steigt die Luft auf, kondensiert aus, bildet Wolken und Regen bzw. Schnee. In Hochdruckgebieten sinkt Luft ab und stabilisert sich dabei, das gibt klaren Himmel. Hoch ist also gut und Tief ist schlecht. Noch schlechter sind Fronten, das sind Grenzen zwischen Luftmassen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Wir haben Kalt- und Warmfronten. Besonders Kaltfronten sind böse, denn sie bilden Gewitter, starke Schauer und reichen sehr hoch mit schön viel Vereisung. Durch eine Kaltfront möchten wir nicht fliegen, das ist nur etwas für Hasardeure. Auf obiger Karte vom Französischen Wetterdienst (ja, der schlaue Pilot sucht sich seine Informationen weltweit zusammen, denn anstatt eines vernünftigen Wetterdienstes in Europa haben wir zig mäßige von denen jeder sein Süppchen kocht) sehen wir das Wetter von heute 16:00 UTC (Greenwich Mean Time oder auch Koordinierte Weltzeit, die in der Fliegerei weltweit benutzt wird). Über Kroatien sehen wir eine Kaltfront (blau mit Zacken), die sich mit 15 Knoten nach Osten bewegt, nordwestlich davon ein Warmfröntchen (rot mit Halbkugeln), das nach Italien marschiert. Im Bereich einer Kaltfront erwarten wir Gewitter, prüfen wir das auf der aktuellen Blitzkarte nach (siehe rechts).

In der Tat, hier sind Gewitter und da haben wir nichts zu suchen. Aber die Front bewegt sich ja weg, bis morgen ist sie ein griechisches Problem (haben die nicht bereits genug?). Schauen wir einmal die Vorhersage für unseren Zielplatz Dubrovnik (LDDU) an, das sogenannte Terminal Aerea Forecast (TAF):

LDDU 131125Z 1312/1412 12017KT 9999 BKN040 TX10/1412Z TN04/1405Z TEMPO 1312/1321 RA BECMG 1322/1324 04015KT BECMG 1409/1411 18007KT

Etwas kryptisch aber um das lesen zu können gehen Piloten schließlich zum Theorieunterricht. Wir sehen dort, dass es heute (13. Februar) zwischen 12 Uhr Weltzeit und 21 Uhr Weltzeit (13-22 Uhr deutscher Zeit) regnen soll (RA). Ja, das passt zu dem was wir oben gesehen haben. Der Regen hört also um 22 Uhr auf und dann ist nur ein schwacher Wind (7 Knoten) aus Süden (180°) vorhergesagt. Alles was schlecht für uns wäre wie Gewitter, Regen, Schnee, Sturm stünde hier drinnen.

Jetzt noch ein Blick auf das TAF von unserem Startplatz Heubach (EDTH). Leider hat der Platz keine eigene Wetterwarte aber wir haben den großen Verkehrsflughafen Stuttgart direkt daneben (EDDS) und können dessen Vorhersage verwenden:

EDDS 131100Z 1312/1412 VRB03KT 9999 SCT040 PROB40 TEMPO 1312/1321 4000 -SN BR BKN014

Auch das sieht gut aus: wenig Wind (3 Knoten) aus wechselnder Richtung (VRB), gute Sicht, Wolkenfetzen in 4000 Fuß über dem Platz (1300m), mit 40%iger Wahrscheinlichkeit etwas Schnee und Nebel heute zwischen 13 Uhr Ortszeit und 22 Uhr Ortszeit und ein paar niedrige Wolken. Danach bis zum Ende der Vorhersage am 14. um 13 Uhr wieder gutes Wetter. Fantastisch.

Somit sieht es in A (Stuttgart) und in B (Dubrovnik) gut aus, aber was ist mit der Strecke zwischen A und B, immerhin 1000km? Hier hilft eine großflächige Vorhersage auf Basis des Global Forecasting Systems (GFS), das Wettermodell der USA, das im Unterschied zu den minderprächtigen europäischen Systemen frei zugänglich ist (in den USA gilt der Grundsatz, dass Daten und Ergebnisse, die mit Steuergeld erstellt wurden, prinzipiell vom Staat kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssen, da kann sich Europa eine Scheibe abschneiden). Hier eine schöne Darstellung unseres Flugprofils aus dem GFS für die geplante Flugzeit.

Das ist wirklich gut. Der gelbe Strich sind wir in Flugfläche 150 (15 000 Fuß, knapp 5 Kilometer). Unten ist das Relief mit den Alpen und der Meereshöhe in Dubrovnik schön zu sehen. Die rote gestrichelte Linie ist die Nullgradgrenze, die in Deutschland zur Zeit auf dem Boden liegt. Kurz nach der Hälfte sehen wir grün schattiert Gebiete mit mäßiger Vereisung (was in Wirklichkeit große Gefahr bedeutet), jedoch deutlich unter unserer geplanten Flughöhe. Dort sind auch Wolken angesagt aber keine geschlossene Formation, sondern "broken" (durchlöchert). Da werden wir einen Weg durch finden. Die Temperatur in unserer Flughöhe wird mit -19°C bis -22°C vorhgesagt, hoffen wir also dass die Heizung funktioniert und es kein Fehler ist, bereits mit Strandklamotten für Ägypten den Flieger zu besteigen.

Ein weiteres interessantes Bild ist das Infrarot-Satellitenfoto. Anhand einer Farbskala wird die Temperatur der Wolkenobergrenze dargestellt. Da wir für viele Punkte auf der Erde die aktuelle Temperatur kennen und ungefähr wissen wie sich die Luft mit zunehmender Höhe abkühlt (im Standardmodell sind dies 2°C pro 300 Meter), können wir daran ungefähr die Obergrenze der Wolken abschätzen und wissen, welche Wolken wir überfliegen können und welche wir entweder durchfliegen oder (uns viel lieber) umfliegen. Das ist immer ein aktuelles Bild, morgen wird sich das Zeugs wegbewegt haben, denn es hängt direkt mit der immer sehr hochreichenden Kaltfront zusammen.

Zusammengefasst: Kaiserwetter. Markus kann das Germanwings-Ticket für 39 €, das er sich vorsorglich gekauft hat, ungenutzt verfallen lassen.

Sicherheit

Fliegen ist gefährlich sagt die Mutter. In Ägypten herrschen die säbelrasselnden Islamisten sagt die Oma. Ohne Enteisungsanlage im Winter bei Minustemparaturen ist nicht nur ziemlich blöd sondern auch tödlich, sagt der Markus. Zeit also sich um den Aspekt Sicherheit dieser Reise Gedanken zu machen.

Wir fliegen mit einer einmotorigen Maschine nach Instrumentenflugregeln, also auch durch Wolken wenn sie uns im Wege stehen. In Europa ist Winterwetter zu erwarten und die Alpen möchten überquert werden. Die Strecke beinhaltet mehrere Stunden über dem offenen Meer. Daraus ergeben sich einige potenzielle Gefahren, deren man sich bewusst sein sollte.

Motorausfall

In der Praxis sind Motorausfälle extrem selten und rangieren ganz unten bei den Unfallursachen. Die allermeisten sind auf Spritmangel oder Fehlbedienung zurückzuführen aber trotzdem besteht die theoretische Möglichkeit. In einem solchen Fall geht es mit einer einmotorigen Maschine naturgemäß abwärts aber nicht wie landläufig vermutet in Form eines "Absturzes", sondern in einem kontrollierten Sinkflug. Die Cessna besitzt ungefähr eine Gleitzahl von 1:10 (moderne Segelflugzeuge bieten 1:40 oder besser). Für jeden Höhenmeter den wir sinken, können wir also ca. 10 Meter Strecke machen. Bei einer Flughöhe von sagen wir 5000m über Grund gibt uns das bei Windstille die Möglichkeit, ca. 50 km zurückzulegen und 15 Minuten Zeit, die Notlandung vorzubereiten. In den meisten Fällen sollte sich ein Flugplatz (egal was, kann auch eine Luftwaffenbasis sein) oder ein geeignetes Landefeld finden. Deutlich schlechtere Karten hat man, wenn man über tiefliegenden Wolken unterwegs ist und keine Möglichkeit hat, das Notlandefeld frühzeitig auszukundschaften. In diesem Fall helfen nur die Karten und zusätzliche Gebete.

Notwasserung

Direkt verknüpft mit dem Motorausfall aber trotzdem einer gesonderten Betrachtung wert ist die Notwasserung. Auch bei Flug in sehr großer Höhe würden wir es nicht an Land schaffen, wenn wir auf halber Strecke zwischen Kreta und Ägypten notlanden müssten. Eine Notwasserung wäre also zwingendermaßen die Folge. Hierbei gibt es einige Aspekte, die von Bedeutung sind. Zuerst die Landung auf dem Wasser selbst, die man entweder überlebt oder auch nicht. Unser Flugzeug besitzt ein Einziehfahrwerk, was erst einmal ideal ist für eine Notwasserung, da die größte Gefahr des Überschlags bei der Landung gebannt ist und man wie ein sehr schnelles Boot mit ca. 90 km/h ins Wasser eintaucht. Danach muss man das Flugzeug möglichst zügig verlassen, da es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sinken wird. Es kann sein, dass es innerhalb einer Minute sinkt, es kann auch sein dass es überhaupt nicht sinkt, das ist sehr schwer vorherzusagen.

Das deutsche Luftrecht schreibt in solchen Fällen vor, dass alle Passagiere eine Schwimmweste während des gesamten Fluges über Wasser tragen. Aus dem Segelbedarf bekommt man mittlerweile sehr günstig komfortabel zu tragende Westen mit CO2-Flasche und (sehr wichtig!) manueller Auslösung, damit man sich nicht selbst den Weg nach draußen versperrt, sollte die Weste nass werden bevor man draußen ist. Vor dem Aufschlag muss man auch unbedingt die Kabinentüren öffnen, denn sonst könnte einen der Wasserdruck am Aussteigen hindern (es gibt immer noch die Technik die Rückscheibe mit den Füßen einzutreten und eine Notaxt ist auch immer an Bord). Da das Meer kälter als der Mensch ist, hat man im Wasser nur eine bestimmte Zeit, bevor man erfriert. Im Mittelmeer im Winter ist dies ca. 1 Stunde. Es gilt also, sich ins Trockene zu bringen. Hierfür sind aufblasbare Rettungsinseln gedacht. Für diesen Ausflug wurde extra eine Insel erworben, in der Hoffnung niemals herausfinden zu müssen, ob sie denn auch funktioniert.

Auf jeden Fall hat man viel Zeit für die Notwasserung, mindestens 15 Minuten bei der von uns geplanten Flughöhe. Auf dem Meer herrscht reger Verkehr und so sucht man sich unter den vielen Schiffen eines aus, von dem man gerettet werden möchte. Möglichst nicht allzu groß, damit es einen auch sieht und manövrierfähig ist. Ein Fischerboot wäre wohl ideal. Die Landung plant man am besten auch so, dass als Todesursache später nicht "vom Schiff überfahren" vermerkt wird.

Falls man es nicht schafft, von einem Schiff bemerkt und dann gerettet zu werden, benötigt man andere Möglichkeiten um gefunden zu werden. Zwar gibt es Flugpläne, deren Hauptzweck darin besteht, feststellen zu können ob jemand fehlt und wo er verloren gegangen ist aber wir fliegen hier zwischen Griechenland und Ägypten — die einen streiken wahrscheinlich und die anderen hauen sich die Köpfe ein während wir allein auf dem Meer treiben. Während des Sinkflugs benutzt man einmal sein Funkgerät um seine Position zu übermitteln sowie das Vorhaben. Je nach Position und Flughöhe kann es aber sein, dass kein Funkkontakt hergestellt werden kann, da es im Meer keine Sendemasten gibt. Es gibt aber immer noch die zahlreichen Airliner weit oben, die man als Vermittlungsstelle einsetzen kann. Weiterhin besitzt das Flugzeug als Teil der Notausrüstung ein ELT (Emergency Locater Transmitter). Dieses kann einmal manuell ausgelöst werden oder automatisch nach einem Crash (ähnlich wie ein Airbag) und schickt dann die aktuelle GPS-Position zusammen mit einer eindeutigen Kennung an einen speziellen Satelliten, der die Rettungsdienste alarmiert. Der Sender sendet so lange bis die Batterie leer ist oder das Flugzeug im Meer versinkt. Das könnte unter Umständen nicht genug sein, daher gibt es noch die PLB (Personal Locator Beacon), im Prinzip ein ELT im Handtaschenformat. Dieses nimmt man in seine Rettungsinsel mit, zieht die Antenne raus und aktiviert es bis die griechische Seenotrettung einen in einer Streikpause rausholt. Solch ein PLB wurde in Vorbereitung unserer Reise erworben.

Um die ganze Sache noch zu krönen, gibt es Signalraketen, mit denen man von seinem Rettungsfloß aus ein Feuerwerk veranstalten kann, in der Hoffnung, dass auch andere Schiffe Gefallen an dem Schauspiel finden und sich auf den Weg zur Quelle machen. Für die richtigen Raketen mit Fallschirm fehlt uns die Pyroberechtigung, so dass uns nur die Spielzeugvariante bleibt.

Wie professionelle Segler auch haben wir ein Grab Bag – eine wasserdichte Tasche – mit der Notausrüstung. Vor der Meeresstrecke wird alles Wichtige ins Grab Bag gepackt, welches dann einfach mit ins Rettungsfloß genommen wird. Ins Grab Bag kommen:

  • PLB (Notsender)
  • Wasserflaschen
  • Dokumente (damit die Küstenwache unser Floß nicht versenkt weil sie uns für illegale Immigranten hält)
  • Handy (es könnte ja funktionieren, manche Schiffe haben Mini-GSM-Zellen)
  • Signalraketen
  • Markus Breuninger-Prospekte

Vereisung

Obwohl wir nach Instrumentenflugregeln (IFR) fliegen und somit theoretisch bei jedem Wetter fliegen können, auch durch Wolken und ohne Sichtreferenzen, gibt es eine massive Einschränkung für die meisten kleinen Sportflugzeuge: Vereisung. Wolken (man spricht von "sichtbarer Feuchtigkeit") können aus flüssigen Wassertropfen bestehen, die weniger als 0°C warm sind. Man nennt diese "unterkühlte Wassertropfen". Um zu gefrieren benötigt Wasser nämlich einen Anlass, einen sogenannten Kondensationskern. Oben im Himmel ist die Luft meist recht sauber und es finden sich keine Kondensationskerne und so sitzen die unterkühlten Wassertropfen herum bis …. eine Cessna angeflogen kommt! Beim Kontakt mit dem Flugzeug gefrieren sie schlagartig zu Eis und setzen sich auf den Vorderkanten der Flügel, der Cockpitscheibe, dem Propeller, dem Höhenruder fest. Der Effekt ist, dass die Maschine an Leistung verliert (Propellervereisung), weniger Auftrieb erzeugt durch die neue Form der Flügelkanten, mehr Widerstand erzeugt und dabei noch schwerer wird. Im Endeffekt wird sie irgendwann nicht mehr in der Lage sein, ihre Höhe zu halten und muss sinken. Kommt sie dabei irgendwann in eine Höhe mit Plusgraden, fällt das Eis zügig vom Flugzeug ab. Allerdings befindet sich im Winter die Nullgradgrenze oft am Boden und das macht es wesentlich gefährlicher.

Vereisung tritt nur unter bestimmten Bedingungen auf. Die Lufttemperatur muss unter 0°C sein und nicht kälter als -25°C, denn dann bestehen die Wolken schon vorwiegend selbst aus Eiskristallen. Auch die Art der Wolken hat einen großen Einfluss auf die Art und die Schwere der Vereisung. Häufchenwolken (Cumulus) erzeugen mehr Vereisung als Schichtwolken (Stratus). Am schlimmsten sind Gewitterwolken, die sind auch aus anderen Gründen des Teufels aber eher ein Phänomen im Sommer.

Unsere Cessna besitzt bis auf das Staurohr zur Geschwindigkeitsmessung keinerlei technische Einrichtungen gegen Vereisung. Wir können durchaus in Wolken mit Vereisung einfliegen, nur müssen wir sicher sein, dass wir schnell oben wieder rauskommen und nur wenig Eis ansetzen. Am besten natürlich haben wir noch die Option wieder nach unten zu gehen und dort Plusgrade vorzufinden. Im Normalfall versucht man nach dem Start möglichst schnell über das Wetter zu gelangen und dann auf der gesamten Reise blauen Himmel über sich zu haben. Am Zielort muss man dann eventuell noch einmal durch Wolken aber das geht recht schnell (Flugzeuge sinken gemeinhin schneller als sie steigen). Auf jeden Fall werden wir uns ausgiebig mit Vereisungsszenarien beschäftigen müssen und davon letztlich den Startzeitpunkt abhängig machen. Insgesamt ist Vereisung unsere größte Gefahr.

Sauerstoffversorgung

Je höher man fliegt, desto "dünner" wird die Luft. Technisch betrachtet nimmt der Luftdruck mit zunehmener Höhe ab und damit der Sauerstoffpartialdruck. Auch ganz oben hat die Luft noch 20% Sauerstoff aber mit so geringem Druck, dass die Osmose in der Zelle nicht mehr funktioniert. Man bekommt keine Luft und das ist sehr tückisch, denn man merkt es erst, wenn es zu spät ist. Es geschehen seltsame Dinge mit einem, man wird euphorisch, das Bewusstsein wird getrübt (also wie bei Markus auf Meereshöhe), man sieht nicht mehr scharf. Große Flugzeuge besitzen eine Druckkabine. Dort wird der Druck auf eine simulierte Höhe von 8000 Fuß erhöht. Ab ca. 10 000 Fuß kann man die ersten Mangelerscheinungen feststellen, ab ca. 12 500 Fuß wird es bedenklich. Unsere Cessna hat keine solche Druckkabine. Ohne zusätzliche Ausrüstung müssten wir also unter 12 500 Fuß bleiben, was einmal unsere Geschwindigkeit bzw. den Treibstoffverbrauch beeinträchtigen würde und noch viel wichtiger es schwieriger machen würde, über die Wolken zu kommen, die oft wesentlich höher reichen. Die Cessna besitzt eine eingebaute Sauerstoffanlage, also eine Flasche mit medizinischem Sauerstoff, den wir über Nasenkanülen direkt einatmen. Normale Luft auf Meereshöhe und 100% Sauerstoff in 40 000 Fuß haben ungefähr denselben Sauerstoffpartialdruck, sind also für den Körper äquivalent. Wir fliegen höchstens in 20 000 Fuß (vielleicht noch in besonderen Ausnahmefällen bis 24 000 Fuß). Damit die Flasche auch länger als nur ein paar Stunden hält (nachfüllen in Südeuropa und Afrika ist aussichtslos), besitzt das Flugzeug eine moderne Zusatzanlage, die über einen Drucksensor feststellt, wann die Person einatmet und in welcher Höhe sie sich befindet und dann ganz gezielt über die Nasenkanüle die richtige Dosis Sauerstoff einspritzt.

Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle der Sauerstoffsättigung im Blut mit einem Pulsoxymeter. 90% und mehr ist gut und alle Passagiere sollten sich regelmäßig gegenseitig überwachen. Sollte die Sauerstoffanlage versagen, gibt es noch eine Notflasche für einige Atemzüge des Piloten, der einen sofortigen Notabstieg einleiten muss.

Technische Probleme in Afrika

Wie bei einem Auto auch, kann bei einem Flugzeug so einiges unerwartet kaputt gehen. Im Gegensatz zum Auto sind Flugzeuge steinalte Technologie und werden in geringen Stückzahlen gebaut. Die Avionik (Navigationsausrüstung etc.) stammt nicht vom Flugzeughersteller selbst, sondern ist aus vielen Epochen wild zusammengewürfelt. Reparaturen dürfen nur von authorisierten Fachleuten durchgeführt werden und kein Flugzeug gleicht dem anderen. Ersatzteile gibt es nicht im Baumarkt. Unsere Strategie besteht aus drei Elementen:

  1. Gängige Ersatzteile und Werkzeuge mitführen
  2. In Cairo gibt es einen US-lizenzierten Mechaniker (der aber in der Theorie nicht an einem in Europa zugelassenen Flugzeug arbeiten darf)
  3. Wenn alle Stricke reißen fliegen wir einen Mechaniker aus Deutschland ein

Natürlich ist es eine schwere Entscheidung, welche Ersatzteile und Werkzeuge man mitbringt. Achims Hangar bräuchte zum Verschiffen mindestens zwei Seecontainer. Folgende Dinge haben wir beschlossen mitzunehmen:

  • Schraubendreher, Engländer
  • Kabelbinder
  • Klebeband
  • 2 Zündkerzen
  • 8 Quarts Motorenöl
  • 1 Ölfilter
  • Luftfilter (falls wir in einen Sandsturm geraten)
  • Sicherungsdraht
  • Drahtsicherungszange
  • Ground-Power-Anschlusskabel (falls die Batterie schwächelt)

Mit Kabelbinder und Klebeband kann man bereits 90% aller technischen Probleme auf dieser Welt lösen und dazu sind wir noch in der Lage einen kompletten Ölwechsel durchzuführen, sollte es aus irgendeinem Grund kontaminiert werden.

Spritversorgung

Aus Sicht des Piloten ist Dubrovnik die letzte Station in der zivilisierten Welt. In Griechenland ist die Spritversorgung bereits mangelhaft und in Afrika nicht existent. Auch wenn man irgendwo Sprit zugesagt bekommt, sollte man in Betracht ziehen was denn wäre, wenn dieser Sprit wider Erwarten nicht da ist oder seltsam aussieht und riecht. Wir sind sehr zuversichtlich, dass in 6th of October tatsächlich AVGAS vorhanden ist aber der Schnäppchenpreis von $5,20 pro Liter macht es nur begrenzt attraktiv. Aufgrund der guten Zuladung der Cessna und da wir nur zu Zweit unterwegs sind, haben wir 4 Kanister à 30 Liter besorgt, so dass wir zu den 333l in den Flügeltanks noch 120l Sprit mitführen können. Das reicht nicht ganz für Sitia – Ägypten – Sitia, so dass wir entweder etwas von dem guten $5,20-Sprit kaufen oder ganz verwegen entscheiden, den Sprit mit etwas Autobenzin zu strecken, was wir dann aber nur in einem der beiden Flügeltanks machen würden und den reinen Sprit für Start, Steigflug und Landung und den gepanschten für den Reiseflug einsetzen. Das wird genauso gut funktionieren, ist aber außerhalb der Zulassung des Flugzeugs. Auf jeden Fall werden wir in Ägypten mit Kanistern hantieren müssen und somit führen wir mit:

  • 4 30l-Kanister mit UN-Zulassung für Gefahrengut
  • Trichter mit eingebautem Filter (wer weiß welche Tiere im ägyptischen Sprit leben)
  • Schüttelschlauch (das ist zum Umfüllen vom Kanister in den Tank, nicht das womit sich Markus jeden Abend unter der Bettdecke beschäftigt)
  • Decke für den Flügel damit der Kanister den Lack nicht zerkratzt

Pilotenversagen

Menschliches Versagen gehört zu den weitaus häufigsten Ursachen für Flugunfälle. Die Komplexität des Flugzeugs ansich, die Bewegung im mehrdimensionalen Raum, sowie die Vielzahl beeinflussender Faktoren wie Wind, Witterung, Lufträume, Funkverkehr, etc. stellen eine grosse Herausforderung an den Menschen dar und überfordern diesen oft. Das A und O für eine sichere Flugdurchführung ist eine gewissenhafte und sorgfältige Flugvorbereitung in der man sich auch Gedanken darüber macht, was schief gehen kann und wie man dann reagiert. Denn eines hat man in einer Notsituation ganz sicher nicht: Genug Zeit.