Showdown in Friedrichshafen

Dieser Trip lief eindeutig zu gut. Weder technische noch sonstige Probleme führten zu den von unseren skandalverwöhnten Lesern erwarteten Desastern. Nach einem zusätzlichen Wellnesstag in Dubrovnik war die Sternenkonstellation für unseren heutigen Heimflug äußerst günstig. Wenig Wolken unterwegs und vorwiegend blauer Himmel nördlich der Alpen und eine aufgelockerte Wolkenschicht am Zielort, das garniert mit kräftigem Rückenwind ließ uns einen Home-Run für den letzten Abschnitt erwarten.

Die ersten beiden Stunden lief alles wie erwartet, vielleicht ein paar mehr Wolken als vorausgesagt aber dafür 30 Knoten kostenlosen Schub von hinten. Nördlich der Alpen keine Wolken, nur etwas Dunst. Ab der Donauniederung (bei Ulm) änderte die sich die Lage: eine geschlossene Wolkenschicht in ca. 8000 Fuß und wenig später noch eine weitere gebrochene Schicht darüber. Auf 10 000 Fuß flogen wir weiter Richtung Heubach (bei Aalen, 50km östlich Stuttgart) in der Hoffnung, eine Wolkenlücke für den Wechsel von IFR nach VFR (Sichtflug) zu finden. Alternativstrategie war Weiterflug nach Schwäbisch Hall, dort über den ILS (Instrumentenlandesystem) durch die Wolken brechen und dann unten im Sichtflug nach Heubach.

Über Heubach diskutierten wir die Lage kurz mit dem Flugleiter Jörg Lohmann und es war schnell klar, dass wir dort heute nicht landen werden. Also ging es weiter nach Norden in Richtung Schwäbisch Hall. Der dortige Flugleiter beschied unsere Anfrage mit "vergesst es, 400 Fuß Wolkenuntergrenze, ihr kommt niemals nach Heubach". Auch nicht optimal.

Dann also Stuttgart, das nach wie vor "gebrochene Wolkenschicht 1200 Fuß über Platz" meldete. Der Platz ist nicht billig aber von dort kommt man wenigstens mit der S-Bahn weiter. Die Flugsicherung war äußerst kooperativ und so ließ man uns in 8000 Fuß weiterfliegen (außerhalb der Wolken) bis zum Instrumentenanflug der Bahn 25 in Stuttgart. Als es ans Sinken ging sahen wir wieder nur eine geschlossene Wolkendecke, die ziemlich dick sein musste. Wir können zwar durchsinken, werden dabei aber Eis aufpacken und haben dann eventuell ein Problem beim Durchstarten. Wir durften den Platz etwas abfliegen um die gemeldeten Wolkenlücken zu suchen und der Lotse fragte andere Flieger in der Nähe nach Löchern. Ergebnis: nix. Auch der Lotse auf dem Turm in Stuttgart bestätigte, dass es keine Lücken gibt. Die Wettermeldung für Stuttgart war definitiv falsch, was ziemlich skandalös ist, denn darauf müssen sich Piloten verlassen können. Ein Anruf beim Wettermann in Stuttgart am nächsten Tag brachte die Erklärung dieser "Falschmeldung": die Lücken der unteren Schicht waren zu klein um genau die Beschaffenheit der Wolken darüber bestimmen zu können und was nicht genau bestimmt werden kann, darf nicht gemeldet werden. Man wusste also von der geschlossenen Schicht, sagte aber nichts davon. Sehr unbefriedigend.

Nun war unsere Planung erschöpft und wir mussten uns etwas Anderes überlegen. Auf dem Herflug von Süden war gutes Wetter, im Norden wurde es immer schlechter also musste es nach Süden gehen. Der Lotse der DFS war extrem professionell und fragte sofort nach unseren Treibstoffreserven um die Lage einschätzen zu können. Mehr als 3 Stunden, das war also kein Problem (ein Hoch auf die TR182!). Wir sondierten die möglichen Plätze und funkten Mengen an aber auch dort war die Wolkendecke noch geschlossen. Als wir gerade weitere Alternativen diskutierten, meldete sich der Lotse und teilte mit, dass er etwas herumtelefoniert habe und uns Friedrichshafen mit blauem Himmel empfehle. Das war die perfekte Lösung: nur 20 Minuten entfernt, voll ausgestattet mit Instrumentenanflug, gute Infrastruktur, Grenzkontrollstelle, anständige Preise. Wir flogen also weiter an den Bodensee, ließen uns vom Schweizer Lotsen auf den Instrumentenanflug der Bahn 24 legen und rutschten diesen bei gutem Wetter zur Bahn herunter. Das Flugzeug verzurrt und eingepackt, Einreise durch den Zoll, eine kleine Stärkung und neue Beurteilung unsere Optionen.

Eine Besserung in Heubach im Laufe des Tages war nicht zu erwarten und der Hüpfer nach Stuttgart hätte uns (außer den hohen Kosten) nichts gebracht. Also Mietwagen und ab nach Heubach, wo Markus Auto im Hangar steht.

Den wirklichen Abschluss findet diese Reise also in ein paar Tagen, wenn Achim mit dem Zug nach Friedrichshafen fährt und die Cessna nach Hause bringt. Markus wird dann schon wieder in seinem Großraumbüro sitzen und Supporttickets bearbeiten.

Festgesetzt in Kroatien?

Für Nichtpiloten an dieser Stelle mal ein kleiner Exkurs in die Flugplanung, die zur Zeit unsere tägliche Beschäftigung ist. Der relevanteste Faktor dabei ist das Wetter. Hierbei spielen neben dem Wind, welcher über unsere Reisegeschwindikeit entscheidet, vor allem die unterschiedlichen Bewölkungsarten eine wichtige Rolle. Für unsere Routenplanung benutzen wir unter anderem sogenannte "GRAMETS", das sind Prognosen, basierend auf errechneten Wettermodellen, die eine Vorhersage für eine bestimmte Route liefern.

Das Beispiel oben zeigt das Gramet für unseren für morgen geplanten Flug von Dubrovnik (LDDU) nach Heubach (EDTH). Weil Heubach nicht unbedingt von internationaler Bedeutung ist und auch keine Wetterstation besitzt, sprich keine Vorhersagen ausgibt, wählen wir als Zielflughafen Stuttgart (EDDS), das quasi um die Ecke liegt.

Auf dem Bild ist beige das Höhenprofil der Erdoberfläche dargestellt. Dabei sieht man gut, dass unsere Reise in Dubrovnik auf Meereshöhe (0 Fuss) beginnt, dann über die Alpen und später über die schwäbische Alb führt. Höchste Erhebung ist irgendwo in den Alpen bei ca. 10.000 Fuss oder rund 3.300 Meter.

Die rote, gestrichelte Linie stellt die 0 Grad Grenze dar. Gut zu erkennen ist, wie sie auf dem Weg in den Norden sinkt. Ausserdem gut zu sehen sind die verschiedenen Wolkenschichten- und Arten. Links im Bild sieht man ein paar "towering Cumulus", das sind hoch aufsteigende Wolken, die man üblicherweise zu meiden versucht, weil darin starke Auf- und Abwinde herrschen — sprich Turbulenzen. Ausserdem sind für Dubrovnik Niederschläge eingezeichnet. Auch gut zu erkennen sind grünlich schraffierte Flächen mit einem roten Symbol. In diesen Gebieten droht Vereisung. Das bedeutet, dass das Wasser in der Atmosphäre (nichts anderes sind Wolken) eine Temperatur von unter 0 Grad hat und nur noch daruf wartet, sich auf einer vorbeifliegenden Cessna festzusetzen. In unserem Fall ist das nicht sonderlich optimal, weil wir im Gegensatz zu Airlinern keine Enteisungsanlage haben. Heisst wir können Eis nicht abschmelzen und das wiederum führt unter anderem dazu, dass unsere Tragflächen irgendwann soviel Eis ansetzen, dass sie nicht mehr tragen.

Ausserdem gut zu sehen ist, dass wir morgen stellenweise eine fast durchgängige Bewölkung vom Boden bis auf Flugfläche 200 zu erwarten haben. Grundsätzlich sind Wolken kein Problem, darin stundenlang zu fliegen ist einerseits allerdings nicht besonders lustig, andererseits besteht bei einem Motor immer das theoretische Problem eines Ausfalls und da ist es ganz gut wenn man irgendwann die Erde sieht und sich ein geeignetes Feld oder noch besser einen nahen Flugplatz aussuchen kann.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Wetter alles andere als ideal ist. Ein Start unter "Towering Cumulus" würde zwar noch gehen, aber durch die aufliegenden Wolken über die Alpen wäre bei einem technischen Problem schon eine sehr unangenehme Situation. Dazu kommt die Vereisung am anderen Ende der Alpen, durch die wir, wenn wir irgendwann wieder landen wollen, gezwungenermassen durch müssten.

Wir müssen also einerseits andere Routen durchspielen (zum Beispiel weiter westlich über Italien, wo das Wetter besser zu sein scheint) oder ggf. auf eine Besserung hoffen und morgen am Boden bleiben. Zweiteres wäre zwar nicht optimal, aber angesichts des recht einladenden Spabereichs in unserem Hotel auch keine unerträgliche Situation (mal davon abgesehen, dass ich den mit Achim besuchen muss).