Aus und vorbei

Jetzt können wir die Reise wirklich als abgeschlossen und geglückt bezeichnen. Die Cessna ist wohlbehalten in ihrem Hangar eingetroffen und die beiden Piloten leben noch. Wer hätte das für möglich gehalten? Nachdem wir am Montag den Anflug auf Heubach nach Sichtflugregeln (leider kein Instrumentenanflug möglich) nicht geschafft hatten und uns gegen eine Landung in Stuttgart entschieden haben, mussten wir die Cessna in Friedrichshafen abstellen. Heute war es nun an der Zeit, die Maschine nach Hause zu holen. Wenn es darum geht, sonntags früh aufzustehen und eine verantwortungsvolle Aufgabe auszuführen, dann kommt erwartungsgemäß nur Achim in Frage. Markus musste noch seinen Rausch von der Flatrate-Party ausschlafen, bevor er sich gegen 12 Uhr zum Dönerfrühstück in Stuttgart aufmachte. Achim stieg um 08:34 in die S-Bahn und kam gegen 11 Uhr am Flughafen Friedrichshafen an, wo es im Gegensatz zum sonnigen Stuttgart noch wolkenverhangen und grau war. Zur großen Überraschung pulsierte am Flughafen Friedrichshafen das Leben, denn der Flughafen dient seit neuestem skiwütigen Briten als Einfallsort: ganze drei Maschinen aus London kamen innerhalb einer Stunde an!

Der Rückflug war nur ein kurzer Sprung von 30 Minuten und führte nach dem Start nach Südwesten über den See und durch die Wolken in den strahlend blauen Himmel auf direktem Kurs nach Heubach. Nach der Landung wurde die Maschine im Hangar verstaut und notdürftig aufgeräumt. Die spannende Frage, wie sie vom Saharasand, den wir auf dem Flug zurück nach Griechenland in jede Ritze gedrückt bekommen haben, befreit werden kann, ist bisher ungelöst.

Flugzeugbatterien

Spätestens seit dem Desaster mit dem Boeing 787 Dreamliner und seinen explodierenden Lithiumakkus weiß jeder, wie wichtig Batterien im Flugzeug sind. Die Cessna macht keine Ausnahme nur verwendet sie ganz konventionelle Bleiakkus wie man es vom Auto kennt. Allerdings sind die Flugzeugbatterien deutlich hochwertiger und vor allem hochpreisiger. 400-500 € muss man für eine Batterie rechnen und so stellt sich jedem kostenbewussten Flugzeughalter die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für den Batterientausch gekommen ist. Das Handbuch des Batterieherstellers ist hier keine Hilfe, denn der möchte möglichst viele Batterien verkaufen und auch die Werften verdienen an jedem Wechsel gutes Geld. Auf der anderen Seite möchte man nicht zu weit gehen und irgendwann in einem entfernten Land mit einem Flugzeug dastehen, das nicht anspringt. Bleibatterien haben die fiese Eigenschaft, dass ihre Chemie plötzlich und unerwartet komplett zusammenbrechen kann.

Prinzipiell kann man Flugzeugmotoren von Hand anwerfen, indem man den Propeller anreißt. Früher wurden Flugzeuge immer so gestartet. Vor ein paar Jahren war ich mit Markus und seiner Freundin (jetzt: Verlobten) in Konstanz am Bodensee mit kaputtem Starter in einer Cessna 172 und es blieb nur diese Option um wieder nach Hause zu kommen. Markus nässte sich sogleich die Hose ein und protestierte das sei zu gefährlich, das könne man nicht tun, wir sollen das Flugzeug stehen lassen, er werde daran nicht mitwirken etc. Hinten im Flugzeug saß wie gesagt seine Freundin, die sich damals wohl Gedanken machte ob man diesen Kerl eines Tages heiraten solle. Ich habe mich letztlich durchgesetzt und mittlerweile hatten wir auch einen ganzen Pulk an Schaulustigen. Ein Experte für Oldtimer-Flugzeuge hatte mich nämlich unlängst in die Technik eingewiesen und mir erklärt, wie man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit seine Finger und Arme behält (interessant auch dieses historische Video der US Luftfahrtbehörde oder für medizinisch Interessierte diese Anamnese). Markus saß im sicheren Cockpit und bediente die Zündung und den Gashebel. Die Maschine sprang nach ein paar Versuchen an und Mirna sah den erschreckenden Kontrast zwischen Markus und einem richtigen Mann. Es hat seitdem über 2 Jahre gedauert bis sie über die Episode hinwegkam und die Verlobung bekanntgegeben wurde.

Nach diesem kurzen Exkurs (und der gewohnten Würdigung von Markus charakterlichen Stärken) zurück zu unserer Cessna. Beim Probeflug vor einer Woche im kalten Winter nach einigen Wochen Standzeit (aber mit Erhaltungsladegerät) kam mir die Batterie etwas schwach vor. Die Maschine startete, aber nur widerwillig. Die Batterie ist bereits 7 Jahre alt, die meisten Halter wechseln sie nach spätestens 5 Jahren. Als Schwabe tauscht man nicht leichtfertig funktionierende Batterien aber man möchte mit dieser Cessna nicht ohne Batterie dastehen, denn der 6-Zylinder mit 9l Hubraum ist nur sehr schwer von Hand anzuwerfen. Es gilt also festzustellen, wie gut die Batterie noch ist. Die Hersteller bieten hierzu Leitlinien und spezielle Tester an, die eine definierte Last erzeugen und nach einer Stunde die verbleibende Voltzahl messen. Ein Tester kostet um die $1000-$2000 — so ist das in der Luftfahrt! Für meine Batterie beträgt die Last laut Handbuch 200 Watt und die Spannung soll nach einer Stunde noch 20 Volt betragen. Beträgt sie weniger als 80% davon (somit 16V), dann ist ein Wechsel fällig. Also ab in den Baumarkt und 4 12V-Halogenbirnen à 50 Watt, Batterieklemmen und Kabel gekauft. Jeweils 2 Birnen parallel gelötet und die beiden Paare hintereinander und fertig ist der 24V/200W-Batterietester zu Gesamtkosten von 4,50 €.

Der Test muss bei 20°C durchgeführt werden, also Batterie aus dem Flugzeug ausbauen und mit nach Hause nehmen. 200 Watt ist recht viel, daher wurde die Apparatur auf den Balkon gestellt (praktische 0°C dort) und die Batterie in der Wohnung behalten. Los ging es bei 25,2V und nach einer Stunde waren es noch genau 15V. Also war mein Verdacht berechtigt: diese Batterie war am Ende ihrer Tage angekommen. Glücklicherweise hatte ich eine neue Batterie im Regal und genügend Flaschen Schwefelsäure um sie zu befüllen und in Gang zu setzen (normalerweise verwende ich sie um damit zufälligen Leuten in der U-Bahn ins Gesicht zu sprühen). Jetzt sagt Markus natürlich ich hätte mir den ganzen Quark sparen können und einfach die Batterie nach 5 Jahren wechseln aber der redet ja auch vom Geld anderer Leute und ich habe immerhin zwei zusätzliche Jahre aus dieser Batterie herausgeholt (also 114 € gespart). Und wie hieß das Motto meines früheren Arbeitgebers IBM: Wir müssen sparen — koste es was es wolle!

Flugplanung

AirwaysWährend bei einem kleinen Rundflug über die Schwäbische Alb ein kurzer Blick in die Karte und den Wetterbericht meist genügt, ist die Flugplanung bei unserem Unterfangen etwas komplizierter: Das fängt damit an, dass wir auf unserem Flug von Süddeutschland nach Ägypten naturgemäß mehrere Landesgrenzen überfliegen und damit sind wir verpflichtet, einen sogenannten Flugplan aufzugeben. Darin muss die genaue Route, Zeit, Details zum Flugzeug und der Besatzung und einiges mehr angegeben und das ganze vor Flugbeginn an die Flugsicherung übermittelt werden. Das alleine ist kein Problem, denn Flugpläne sind auch für Flüge innerhalb Deutschlands möglich und jeder Pilot dürfte damit vertraut sein. Auch die Zollabfertigung, welche wir ebenfalls vorab anmelden müssen (denn wir reisen ja offiziell aus Schengen und der EU aus), ist in Deutschland noch problem- und kostenlos.

Kompliziert machen es die vielen zusätzlichen Faktoren: Während wir in Deutschland in einem Paradies für Privatpiloten mit gutem Kartenmaterial, einer Vielzahl öffentlicher Flugplätze, einem sehr verlässlichen Wetterdienst und mit der Deutschen Flugsicherung einem sehr professionellen Partner in der Luft leben, sieht das bereits auf der anderen Seite der Alpen ganz anders aus. In Griechenland ist das Fliegen auf Sicht (auch VFR für Visual Flight Rules genannt und die "übliche" Flugform für Privatpiloten) zwar noch möglich, aber Karten gibt es hierfür offiziell keine. Man muss sich also so irgendwie zurecht finden. In Ägypten ist der eigenverantwortliche Sichtflug gar nicht erst erlaubt, sondern nur der kontrollierte Sichtflug und Instrumentenflug, wie ihn auch die Airlines betreiben. Im Gegensatz zum Sichtflug kann man damit zwar durch Wolken fliegen und somit auch bei schlechtem Wetter sein Ziel erreichen, dafür ist man jedoch an die Anweisungen der Flugsicherung (ATC, Air Traffic Control) gebunden, die einem Höhe und Kurs in der vorgeben – Abweichungen vom vorgegebenen Kurs um zum Beispiel mal kurz über dem Haus eines Bekannten zu kreisen und winken sind damit nicht möglich. Schade, denn unsere Route wird uns direkt über die Pyramiden von Kairo führen.

Wir werden unseren Flug "IFR", also nach Instrumentenflugregeln durchführen, müssen aber trotzdem für alle Fälle vorbereitet sein (zum Beispiel eine Notlandung außerhalb eines Flugplatzes) – daher benötigen wir Kartenmaterial für Sicht- wie auch für Instrumentenflug inklusive diverser Anflugblätter für alle Flugplätze, die auf unserer Route prinzipiell für eine Landung in Frage kommen. Alles muss natürlich aktuell sein. Zum Glück haben wir diesen Trip nicht vor 5 Jahren gemacht, denn dann ginge bereits ein guter Teil unserer erlaubten Zuladung für ein ganzes Archiv an Papierkarten drauf. Nicht nur logistisch unpraktisch, sonder auch problematisch, wenn man im Ernstfall schnell das Blatt mit den Informationen für einen Flughafen braucht, auf dem man ursprünglich nicht geplant hatte zu landen (Alternate). Heuzutage hat man die Möglichkeit, das alles papierlos zu organisieren. Die Navigationsgeräte verfügen heute fast alle über sogenannte "moving maps" und zusätzlich werden wir auf zwei iPads alle benötigten Checklisten, Anflugblätter, IFR- und VFR-Karten digital mitnehmen. Durch die Tatsache, dass wir alles doppelt dabei haben, ist das Ausfallrisiko relativ gering.

Unsere "Standardroute" haben wir soweit bereits geplant. Sie führt uns beim Hinflug von unserer "Home Base" Heubach (bei Stuttgart) in südöstlicher Richtung über die Alpen, Österreich, Slowenien, Kroatien, Albanien, Griechenland und das offene Mittelmeer nach Ägypten. Aufgrund der Reichweite des Flugzeugs, Zollformalitäten (wir verlassen ja nicht nur die EU, sondern auch Schengenland), und aus Kostengründen (Flugbenzin ist in Ägypten sehr teuer, darum wollen wir möglichst wenig dort tanken) müssen wir einige Stops auf der Strecke einplanen. Der erste in Doubrovnik (Kroatien), der zweite in Sitia (Griechenland), der dritte zur offiziellen Einreise in Port Said (Ägypten) und dann von da zu unserem Zielflughafen, El Gouna am Roten Meer.

Für diese Route haben wir alle Karten bereit, die Öffnungszeiten und Benzinangebote am Platz geprüft und die Anflugprozeduren zumindest einmal gesehen. Jetzt müssen wir uns alternative Flugplätze für den Fall der Fälle überlegen und auch das Szenario vorbereiten, dass wir dorthin ausweichen müssen (z.B. wegen schlechten Wetters, der Revolution in Port Said, Streik in Griechenland, einem technischen Problem in der Luft, etc.).

Flugplanung mit Mursi

Wie man der aktuellen Presse entnehmen kann, begehen die Ägypter die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Revolution eher ausschweifend. Präsident Mursi hat deshalb für 3 ägyptische Städte den 30-tägigen Ausnahmezustand inklusiver nächtlicher Ausgangssperre verhängt. Nun liegt unser geplanter Abflugtermin nur noch gute 2 Wochen in der Zukunft und davon abgesehen, dass eine der Notstandsstädte auf unserer Flugroute liegt ist unser Agent, der sich um das Besorgen (sprich Schmieren der richtigen Leute) der Ein- und Überflugdokumente kümmern wollte, spurlos verschwunden. Wir hoffen natürlich dem Guten ist nichts passiert, wahrscheinlicher ist aber sowieso die Variante, dass er sich mit unseren Passkopien, welche er eigentlich zur Aufgabe des Flugplans hätte verwenden sollen, in ein westliches Land abgesetzt hat.

Von diesem kleineren Zwischenfall abgesehen gehen die Planungen gut voran. Heute kamen unsere Pilotenuniformen an, in der Achim wie ein billiger Callboy aussieht. Achim war gestern zudem noch ein paar Platzrunden fliegen und weiss jetzt auch wieder, wie man die Basisfunktionen der C182 bedient. Ich lese parallel die Manuals von Autopilot, Glass-Cockpit und Flarm und wir fühlen uns damit eigentlich gut vorbereitet. Jetzt hängt es an Mursi und dem Wetter und natürlich dem windigen Ägypter mit unseren Passkopien, ob wir am 14. Februar in den Himmel stechen.