Disko über den Wolken

Wer Markus kennt, der weiß, dass er nicht ohne seine Lieblingsmusik von Howard Carpendale und Wolfgang Petry sein kann. Da macht er auch im Cockpit keine Ausnahme und so habe ich es mir zur Aufgabe gestellt, eine technische Lösung für Markus ungetrübten Musikgenuss über den Wolken zu finden. Einen Vorteil für mich hat es natürlich — wer Musik hört, der kann schlecht seinen Copiloten zuquatschen und dieser sich auf anregendere Gespräche (mit der Flugsicherung) und die Betrachtung der Landschaft konzentrieren.

Jedes moderne Flugzeug besitzt ein sogenanntes "Audio-Panel", sozusagen das Mischpult im Cockpit. In kleineren Flugzeugen mit schlechterer Geräuschdämmung (man ist nunmal verdammt nahe am Motor) tragen die Insassen meist Headsets, die heutzutage sogar oft eine aktive Geräuschunterdrückung mittels Gegenschall bieten. Diese Headsets sind ins Audio-Panel eingestöpselt. Dort gibt es nun eine ganze Matrix von Einstellungen.

Man kann sich auf allen Plätzen unterhalten, die Passagiere von den Piloten abtrennen so dass jede Gruppe nur unter sich sprechen kann, Ansagen für die Passagiere machen (PA — Passenger Announcement, wie bei den Linienfliegern), unterschiedliche Funkgeräte aufschalten (auch jeder Pilot ein eigenes mit anderen Frequenzen) und nicht zuletzt die beiden Piloten voneinander akkustisch trennen — eine Funktion wie geschaffen für Flüge mit Markus. Ich habe mir beim Einbau meines Audio-Panels zusätzlich einen Anschluss für eine Musikquelle legen lassen. Das Audio-Panel ist so schlau, die Musik abzuspielen, sie jedoch automatisch stummzuschalten sobald ein Funkspruch eintrifft oder der Pilot die Sendetaste für sein Mikrophon drückt. Man braucht also keine Angst zu haben, beim Abrocken 6km über der Erdoberfläche einen wichtigen Funkspruch der Lotsen zu verpassen.

Der Audioanschluss ist über ein Kabel mit Klinkenstecker ausgeführt (so ähnlich wie iPod-Kopfhöhrer) aber das war mir zu altbacken. Wer möchte sich im Flug im Kabelsalat verheddern, weil der Musikanschluss ans iPhone geht und dieses quer durchs Flugzeug gereicht wird? Ein kürzlich am Markt erschienenes Audio-Panel beinhaltet einen Bluetooth-Empfänger um dieses Problem zu lösen und kostet gleich einmal 1000 € mehr.

Glücklicherweise kommt man günstiger zu einer Lösung, genau gesagt für 16,56 €. Dieser kleine Bluetooth-Empfänger mit eingebautem Akku wird mit dem Klinkenstecker verbunden und zusammen mit dem Kabel in der Seitentasche unsichtbar verstaut. Nun verknüpft man das Handy noch über Bluetooth und Wolfgang Petry singt für Markus. Funktioniert so gut, dass ich mir gleich noch einen zweiten Adapter für mein Auto bestellt habe. Als ich mich beim BMW-Händler beschwert hatte, dass mein Auto keine Unterstützung für Musik über Bluetooth hat, wurde mir der Kauf des neuen Modells nahegelegt aber das hat mich nicht überzeugt.

Elektronische Gadgets

Unsere Flugtour stellt einige Ansprüche an die erforderliche Ausrüstung. Neben allem was zum Überleben notwendig ist (Schwimmwesten, Rettungsfloss, Notsignalraketen, Verbandkasten, etc.), müssen wir zusätzlich einiges an Technik mit uns nehmen, die wir einerseits für die Navigation/Kommunikation in der Luft brauchen und andererseits für die Dokumentation dieses Flugabenteuers. Letzteres im besten Fall um später ein Andenken zu haben, im nicht ganz so optimalen Fall als Hilfe für die Flugunfalluntersuchung.

Folgendes Equipment werden wir unter anderem mitführen:

Unsere primären Werkzeuge für die Flugplanung und -durchführung werden zwei Apple iPads sein. Die Geräte sind geradezu gemacht für den Einsatz im Cockpit und werden übrigens auch bereits von mehreren Airlines genutzt. Wir verwenden sie einerseits um unterwegs aktuelle Wetterdaten und Warnmeldungen abzurufen, andererseits werden wir die Flugdurchführung komplett mit digitalen Karten im PDF-Format vornehmen. Das erspart uns einmal einen Büroschrank voller Papier, und finden wir in dringengen Fällen die notwendigen Dokumente erheblich schneller als das mit den unhandlichen Papierkarten und Ordner der Fall wäre. Zusätzlich auf den iPads gespeichert sind alle Checklisten und Verfahrensanweisungen für Notfälle (zum Beispiel Motorausfall, Defekt des Einziehfahrwerks, Brand in der Kabine, etc.). Wir werden zwei Geräte mit identischem Inhalt mitführen, um bei Ausfall des einen ein Backup zu haben. Zudem ermöglicht dies paralleles Arbeiten, z.B. kann einer von uns mit der Karte navigieren, während der andere eine Funkfrequenz im Anflugblatt sucht (wenn beide mit ihren iPads spielen, muss dann eben der Autopilot das Fliegen übernehmen).

Der "SPOT Connect" ist ein GPS-Tracker mit Satellitenkommunikation, der einige praktische Funktionen in einem kleinen Gerät vereint. Zuerst einmal kann er uns während des Fluges orten und die Position an einen Satelliten übertragen, der es dann ins Internet weiterleitet, zum Beispiel auf die Live-Tracking Seite dieses Blogs. Im Notfall kann der SPOT auch einen Notruf absetzen oder 45 Zeichen lange Textnachrichten auf die Handys oder Emailadressen vordefinierter Empfänger senden. Zu guter Letzt kann SPOT auch auf Twitter und Facebook posten, beherrscht somit alle Dinge, ohne die der moderne Mensch nicht länger als 30 Minuten am Tag sein könnte.

 

Das Thuraya Satellitentelefon ermöglicht uns in Regionen ohne Handyempfang Anrufe zu tätigen, SMS zu senden oder auch Emails abzurufen. Die Minutenpreise bei Benutzung sind horrend, weswegen wir es für den Anruf bei Mama, um zu fragen wie es geht, eher nicht benutzen werden. Allerdings dient es auch als WLAN-HotSpot, über den wir im Flug zum Beispiel über die iPads auf das Internet zugreifen können. Das ganze ist nicht zu vergleichen mit der Highspeed-Flatrate zuhause, aber ermöglicht uns im Notfall zum Beispiel eine Nachricht abzusetzen, aktuelle Wetterdaten einzuholen oder ein kurzes Update auf dieser Seite zu posten. Erprobt haben wir das ganze allerdings noch nicht und der Einsatz in der Luft wird zeigen, wie gut das ganze funktioniert. Der Preis von 5 € pro Megabyte übertragene Daten gilt in der Satellitenwelt bereits als konkurrenzlos günstig.

 

Ebenfalls mit an Bord werden wir zwei "GoPro" Videokameras haben. Diese äusserst robust und wasserfest gebauten Outdoor-Kameras machen durch ihr Weitwinkel-Objektiv enorm gute Aufnahmen und werden uns bei der Dokumentation unseres Abenteuertrips behilflich sein. Ein Exemplar werden wir im Cockpit anbringen, während wir die zweite aussen am Flugzeug befestigen um Aussenaufnahmen zu machen. Praktischwerweise lässt sich die Go-Pro per iPad oder Handy und WLAN-Verbindung auch auf Distanz bedienen, so dass wir sie bei Bedarf aus dem Cockpit ein- und ausschalten können.

Für statische Fotos haben wir ausserdem eine Canon EOS Spiegelreflexkamera mit einem Allrounder-Objektiv dabei. Zudem gehören zur Ausrüstung zwei Notebooks mit denen wir diesen Blog von unterwegs updaten möchten und auch auch komfortabel die notwendigen Flugvorbereitungen erledigen können.

 

Flugplanung

AirwaysWährend bei einem kleinen Rundflug über die Schwäbische Alb ein kurzer Blick in die Karte und den Wetterbericht meist genügt, ist die Flugplanung bei unserem Unterfangen etwas komplizierter: Das fängt damit an, dass wir auf unserem Flug von Süddeutschland nach Ägypten naturgemäß mehrere Landesgrenzen überfliegen und damit sind wir verpflichtet, einen sogenannten Flugplan aufzugeben. Darin muss die genaue Route, Zeit, Details zum Flugzeug und der Besatzung und einiges mehr angegeben und das ganze vor Flugbeginn an die Flugsicherung übermittelt werden. Das alleine ist kein Problem, denn Flugpläne sind auch für Flüge innerhalb Deutschlands möglich und jeder Pilot dürfte damit vertraut sein. Auch die Zollabfertigung, welche wir ebenfalls vorab anmelden müssen (denn wir reisen ja offiziell aus Schengen und der EU aus), ist in Deutschland noch problem- und kostenlos.

Kompliziert machen es die vielen zusätzlichen Faktoren: Während wir in Deutschland in einem Paradies für Privatpiloten mit gutem Kartenmaterial, einer Vielzahl öffentlicher Flugplätze, einem sehr verlässlichen Wetterdienst und mit der Deutschen Flugsicherung einem sehr professionellen Partner in der Luft leben, sieht das bereits auf der anderen Seite der Alpen ganz anders aus. In Griechenland ist das Fliegen auf Sicht (auch VFR für Visual Flight Rules genannt und die "übliche" Flugform für Privatpiloten) zwar noch möglich, aber Karten gibt es hierfür offiziell keine. Man muss sich also so irgendwie zurecht finden. In Ägypten ist der eigenverantwortliche Sichtflug gar nicht erst erlaubt, sondern nur der kontrollierte Sichtflug und Instrumentenflug, wie ihn auch die Airlines betreiben. Im Gegensatz zum Sichtflug kann man damit zwar durch Wolken fliegen und somit auch bei schlechtem Wetter sein Ziel erreichen, dafür ist man jedoch an die Anweisungen der Flugsicherung (ATC, Air Traffic Control) gebunden, die einem Höhe und Kurs in der vorgeben – Abweichungen vom vorgegebenen Kurs um zum Beispiel mal kurz über dem Haus eines Bekannten zu kreisen und winken sind damit nicht möglich. Schade, denn unsere Route wird uns direkt über die Pyramiden von Kairo führen.

Wir werden unseren Flug "IFR", also nach Instrumentenflugregeln durchführen, müssen aber trotzdem für alle Fälle vorbereitet sein (zum Beispiel eine Notlandung außerhalb eines Flugplatzes) – daher benötigen wir Kartenmaterial für Sicht- wie auch für Instrumentenflug inklusive diverser Anflugblätter für alle Flugplätze, die auf unserer Route prinzipiell für eine Landung in Frage kommen. Alles muss natürlich aktuell sein. Zum Glück haben wir diesen Trip nicht vor 5 Jahren gemacht, denn dann ginge bereits ein guter Teil unserer erlaubten Zuladung für ein ganzes Archiv an Papierkarten drauf. Nicht nur logistisch unpraktisch, sonder auch problematisch, wenn man im Ernstfall schnell das Blatt mit den Informationen für einen Flughafen braucht, auf dem man ursprünglich nicht geplant hatte zu landen (Alternate). Heuzutage hat man die Möglichkeit, das alles papierlos zu organisieren. Die Navigationsgeräte verfügen heute fast alle über sogenannte "moving maps" und zusätzlich werden wir auf zwei iPads alle benötigten Checklisten, Anflugblätter, IFR- und VFR-Karten digital mitnehmen. Durch die Tatsache, dass wir alles doppelt dabei haben, ist das Ausfallrisiko relativ gering.

Unsere "Standardroute" haben wir soweit bereits geplant. Sie führt uns beim Hinflug von unserer "Home Base" Heubach (bei Stuttgart) in südöstlicher Richtung über die Alpen, Österreich, Slowenien, Kroatien, Albanien, Griechenland und das offene Mittelmeer nach Ägypten. Aufgrund der Reichweite des Flugzeugs, Zollformalitäten (wir verlassen ja nicht nur die EU, sondern auch Schengenland), und aus Kostengründen (Flugbenzin ist in Ägypten sehr teuer, darum wollen wir möglichst wenig dort tanken) müssen wir einige Stops auf der Strecke einplanen. Der erste in Doubrovnik (Kroatien), der zweite in Sitia (Griechenland), der dritte zur offiziellen Einreise in Port Said (Ägypten) und dann von da zu unserem Zielflughafen, El Gouna am Roten Meer.

Für diese Route haben wir alle Karten bereit, die Öffnungszeiten und Benzinangebote am Platz geprüft und die Anflugprozeduren zumindest einmal gesehen. Jetzt müssen wir uns alternative Flugplätze für den Fall der Fälle überlegen und auch das Szenario vorbereiten, dass wir dorthin ausweichen müssen (z.B. wegen schlechten Wetters, der Revolution in Port Said, Streik in Griechenland, einem technischen Problem in der Luft, etc.).

Ahmed lebt!

Ahmed, das ist zurzeit unser wichtigster Mann, der über go oder no-go für unseren kleinen Ausflug entscheidet. Nachdem in Ägypten im Moment mal wieder politisches Chaos herrscht und Ahmed, der normalerweise innerhalb von Minuten auf Emails antwortet, verstummt war, machten wir uns kurz Sorgen. Heute aber ist Ahmed wiederauferstanden und hat sich gemeldet. Mit den Papieren sei alles ok, allerdings ist er etwas besorgt bzgl. unserer geplanten Landung in Port Said – eine der drei Städte mit aktuell recht wilden Strassenfesten. Wir lassen uns davon im Moment noch nicht allzusehr abschrecken, denn erstens gehen wir davon aus, dass die Medien, nachdem außer Brüderles Sexbelästigung im Moment nicht viel passiert, das Thema mehr aufbauschen und zweitens hat Achim ägyptische Gene und kennt daher Land und Leute ganz gut. Wir warten also ab, was Ahmed unser Agent austüftelt um notfalls Port Said links liegen zu lassen und widmen uns weiterhin der Flugvorbereitung, die aktuell primär aus dem Schreiben dieses Blogs besteht.

Sicherheit

Fliegen ist gefährlich sagt die Mutter. In Ägypten herrschen die säbelrasselnden Islamisten sagt die Oma. Ohne Enteisungsanlage im Winter bei Minustemparaturen ist nicht nur ziemlich blöd sondern auch tödlich, sagt der Markus. Zeit also sich um den Aspekt Sicherheit dieser Reise Gedanken zu machen.

Wir fliegen mit einer einmotorigen Maschine nach Instrumentenflugregeln, also auch durch Wolken wenn sie uns im Wege stehen. In Europa ist Winterwetter zu erwarten und die Alpen möchten überquert werden. Die Strecke beinhaltet mehrere Stunden über dem offenen Meer. Daraus ergeben sich einige potenzielle Gefahren, deren man sich bewusst sein sollte.

Motorausfall

In der Praxis sind Motorausfälle extrem selten und rangieren ganz unten bei den Unfallursachen. Die allermeisten sind auf Spritmangel oder Fehlbedienung zurückzuführen aber trotzdem besteht die theoretische Möglichkeit. In einem solchen Fall geht es mit einer einmotorigen Maschine naturgemäß abwärts aber nicht wie landläufig vermutet in Form eines "Absturzes", sondern in einem kontrollierten Sinkflug. Die Cessna besitzt ungefähr eine Gleitzahl von 1:10 (moderne Segelflugzeuge bieten 1:40 oder besser). Für jeden Höhenmeter den wir sinken, können wir also ca. 10 Meter Strecke machen. Bei einer Flughöhe von sagen wir 5000m über Grund gibt uns das bei Windstille die Möglichkeit, ca. 50 km zurückzulegen und 15 Minuten Zeit, die Notlandung vorzubereiten. In den meisten Fällen sollte sich ein Flugplatz (egal was, kann auch eine Luftwaffenbasis sein) oder ein geeignetes Landefeld finden. Deutlich schlechtere Karten hat man, wenn man über tiefliegenden Wolken unterwegs ist und keine Möglichkeit hat, das Notlandefeld frühzeitig auszukundschaften. In diesem Fall helfen nur die Karten und zusätzliche Gebete.

Notwasserung

Direkt verknüpft mit dem Motorausfall aber trotzdem einer gesonderten Betrachtung wert ist die Notwasserung. Auch bei Flug in sehr großer Höhe würden wir es nicht an Land schaffen, wenn wir auf halber Strecke zwischen Kreta und Ägypten notlanden müssten. Eine Notwasserung wäre also zwingendermaßen die Folge. Hierbei gibt es einige Aspekte, die von Bedeutung sind. Zuerst die Landung auf dem Wasser selbst, die man entweder überlebt oder auch nicht. Unser Flugzeug besitzt ein Einziehfahrwerk, was erst einmal ideal ist für eine Notwasserung, da die größte Gefahr des Überschlags bei der Landung gebannt ist und man wie ein sehr schnelles Boot mit ca. 90 km/h ins Wasser eintaucht. Danach muss man das Flugzeug möglichst zügig verlassen, da es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sinken wird. Es kann sein, dass es innerhalb einer Minute sinkt, es kann auch sein dass es überhaupt nicht sinkt, das ist sehr schwer vorherzusagen.

Das deutsche Luftrecht schreibt in solchen Fällen vor, dass alle Passagiere eine Schwimmweste während des gesamten Fluges über Wasser tragen. Aus dem Segelbedarf bekommt man mittlerweile sehr günstig komfortabel zu tragende Westen mit CO2-Flasche und (sehr wichtig!) manueller Auslösung, damit man sich nicht selbst den Weg nach draußen versperrt, sollte die Weste nass werden bevor man draußen ist. Vor dem Aufschlag muss man auch unbedingt die Kabinentüren öffnen, denn sonst könnte einen der Wasserdruck am Aussteigen hindern (es gibt immer noch die Technik die Rückscheibe mit den Füßen einzutreten und eine Notaxt ist auch immer an Bord). Da das Meer kälter als der Mensch ist, hat man im Wasser nur eine bestimmte Zeit, bevor man erfriert. Im Mittelmeer im Winter ist dies ca. 1 Stunde. Es gilt also, sich ins Trockene zu bringen. Hierfür sind aufblasbare Rettungsinseln gedacht. Für diesen Ausflug wurde extra eine Insel erworben, in der Hoffnung niemals herausfinden zu müssen, ob sie denn auch funktioniert.

Auf jeden Fall hat man viel Zeit für die Notwasserung, mindestens 15 Minuten bei der von uns geplanten Flughöhe. Auf dem Meer herrscht reger Verkehr und so sucht man sich unter den vielen Schiffen eines aus, von dem man gerettet werden möchte. Möglichst nicht allzu groß, damit es einen auch sieht und manövrierfähig ist. Ein Fischerboot wäre wohl ideal. Die Landung plant man am besten auch so, dass als Todesursache später nicht "vom Schiff überfahren" vermerkt wird.

Falls man es nicht schafft, von einem Schiff bemerkt und dann gerettet zu werden, benötigt man andere Möglichkeiten um gefunden zu werden. Zwar gibt es Flugpläne, deren Hauptzweck darin besteht, feststellen zu können ob jemand fehlt und wo er verloren gegangen ist aber wir fliegen hier zwischen Griechenland und Ägypten — die einen streiken wahrscheinlich und die anderen hauen sich die Köpfe ein während wir allein auf dem Meer treiben. Während des Sinkflugs benutzt man einmal sein Funkgerät um seine Position zu übermitteln sowie das Vorhaben. Je nach Position und Flughöhe kann es aber sein, dass kein Funkkontakt hergestellt werden kann, da es im Meer keine Sendemasten gibt. Es gibt aber immer noch die zahlreichen Airliner weit oben, die man als Vermittlungsstelle einsetzen kann. Weiterhin besitzt das Flugzeug als Teil der Notausrüstung ein ELT (Emergency Locater Transmitter). Dieses kann einmal manuell ausgelöst werden oder automatisch nach einem Crash (ähnlich wie ein Airbag) und schickt dann die aktuelle GPS-Position zusammen mit einer eindeutigen Kennung an einen speziellen Satelliten, der die Rettungsdienste alarmiert. Der Sender sendet so lange bis die Batterie leer ist oder das Flugzeug im Meer versinkt. Das könnte unter Umständen nicht genug sein, daher gibt es noch die PLB (Personal Locator Beacon), im Prinzip ein ELT im Handtaschenformat. Dieses nimmt man in seine Rettungsinsel mit, zieht die Antenne raus und aktiviert es bis die griechische Seenotrettung einen in einer Streikpause rausholt. Solch ein PLB wurde in Vorbereitung unserer Reise erworben.

Um die ganze Sache noch zu krönen, gibt es Signalraketen, mit denen man von seinem Rettungsfloß aus ein Feuerwerk veranstalten kann, in der Hoffnung, dass auch andere Schiffe Gefallen an dem Schauspiel finden und sich auf den Weg zur Quelle machen. Für die richtigen Raketen mit Fallschirm fehlt uns die Pyroberechtigung, so dass uns nur die Spielzeugvariante bleibt.

Wie professionelle Segler auch haben wir ein Grab Bag – eine wasserdichte Tasche – mit der Notausrüstung. Vor der Meeresstrecke wird alles Wichtige ins Grab Bag gepackt, welches dann einfach mit ins Rettungsfloß genommen wird. Ins Grab Bag kommen:

  • PLB (Notsender)
  • Wasserflaschen
  • Dokumente (damit die Küstenwache unser Floß nicht versenkt weil sie uns für illegale Immigranten hält)
  • Handy (es könnte ja funktionieren, manche Schiffe haben Mini-GSM-Zellen)
  • Signalraketen
  • Markus Breuninger-Prospekte

Vereisung

Obwohl wir nach Instrumentenflugregeln (IFR) fliegen und somit theoretisch bei jedem Wetter fliegen können, auch durch Wolken und ohne Sichtreferenzen, gibt es eine massive Einschränkung für die meisten kleinen Sportflugzeuge: Vereisung. Wolken (man spricht von "sichtbarer Feuchtigkeit") können aus flüssigen Wassertropfen bestehen, die weniger als 0°C warm sind. Man nennt diese "unterkühlte Wassertropfen". Um zu gefrieren benötigt Wasser nämlich einen Anlass, einen sogenannten Kondensationskern. Oben im Himmel ist die Luft meist recht sauber und es finden sich keine Kondensationskerne und so sitzen die unterkühlten Wassertropfen herum bis …. eine Cessna angeflogen kommt! Beim Kontakt mit dem Flugzeug gefrieren sie schlagartig zu Eis und setzen sich auf den Vorderkanten der Flügel, der Cockpitscheibe, dem Propeller, dem Höhenruder fest. Der Effekt ist, dass die Maschine an Leistung verliert (Propellervereisung), weniger Auftrieb erzeugt durch die neue Form der Flügelkanten, mehr Widerstand erzeugt und dabei noch schwerer wird. Im Endeffekt wird sie irgendwann nicht mehr in der Lage sein, ihre Höhe zu halten und muss sinken. Kommt sie dabei irgendwann in eine Höhe mit Plusgraden, fällt das Eis zügig vom Flugzeug ab. Allerdings befindet sich im Winter die Nullgradgrenze oft am Boden und das macht es wesentlich gefährlicher.

Vereisung tritt nur unter bestimmten Bedingungen auf. Die Lufttemperatur muss unter 0°C sein und nicht kälter als -25°C, denn dann bestehen die Wolken schon vorwiegend selbst aus Eiskristallen. Auch die Art der Wolken hat einen großen Einfluss auf die Art und die Schwere der Vereisung. Häufchenwolken (Cumulus) erzeugen mehr Vereisung als Schichtwolken (Stratus). Am schlimmsten sind Gewitterwolken, die sind auch aus anderen Gründen des Teufels aber eher ein Phänomen im Sommer.

Unsere Cessna besitzt bis auf das Staurohr zur Geschwindigkeitsmessung keinerlei technische Einrichtungen gegen Vereisung. Wir können durchaus in Wolken mit Vereisung einfliegen, nur müssen wir sicher sein, dass wir schnell oben wieder rauskommen und nur wenig Eis ansetzen. Am besten natürlich haben wir noch die Option wieder nach unten zu gehen und dort Plusgrade vorzufinden. Im Normalfall versucht man nach dem Start möglichst schnell über das Wetter zu gelangen und dann auf der gesamten Reise blauen Himmel über sich zu haben. Am Zielort muss man dann eventuell noch einmal durch Wolken aber das geht recht schnell (Flugzeuge sinken gemeinhin schneller als sie steigen). Auf jeden Fall werden wir uns ausgiebig mit Vereisungsszenarien beschäftigen müssen und davon letztlich den Startzeitpunkt abhängig machen. Insgesamt ist Vereisung unsere größte Gefahr.

Sauerstoffversorgung

Je höher man fliegt, desto "dünner" wird die Luft. Technisch betrachtet nimmt der Luftdruck mit zunehmener Höhe ab und damit der Sauerstoffpartialdruck. Auch ganz oben hat die Luft noch 20% Sauerstoff aber mit so geringem Druck, dass die Osmose in der Zelle nicht mehr funktioniert. Man bekommt keine Luft und das ist sehr tückisch, denn man merkt es erst, wenn es zu spät ist. Es geschehen seltsame Dinge mit einem, man wird euphorisch, das Bewusstsein wird getrübt (also wie bei Markus auf Meereshöhe), man sieht nicht mehr scharf. Große Flugzeuge besitzen eine Druckkabine. Dort wird der Druck auf eine simulierte Höhe von 8000 Fuß erhöht. Ab ca. 10 000 Fuß kann man die ersten Mangelerscheinungen feststellen, ab ca. 12 500 Fuß wird es bedenklich. Unsere Cessna hat keine solche Druckkabine. Ohne zusätzliche Ausrüstung müssten wir also unter 12 500 Fuß bleiben, was einmal unsere Geschwindigkeit bzw. den Treibstoffverbrauch beeinträchtigen würde und noch viel wichtiger es schwieriger machen würde, über die Wolken zu kommen, die oft wesentlich höher reichen. Die Cessna besitzt eine eingebaute Sauerstoffanlage, also eine Flasche mit medizinischem Sauerstoff, den wir über Nasenkanülen direkt einatmen. Normale Luft auf Meereshöhe und 100% Sauerstoff in 40 000 Fuß haben ungefähr denselben Sauerstoffpartialdruck, sind also für den Körper äquivalent. Wir fliegen höchstens in 20 000 Fuß (vielleicht noch in besonderen Ausnahmefällen bis 24 000 Fuß). Damit die Flasche auch länger als nur ein paar Stunden hält (nachfüllen in Südeuropa und Afrika ist aussichtslos), besitzt das Flugzeug eine moderne Zusatzanlage, die über einen Drucksensor feststellt, wann die Person einatmet und in welcher Höhe sie sich befindet und dann ganz gezielt über die Nasenkanüle die richtige Dosis Sauerstoff einspritzt.

Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle der Sauerstoffsättigung im Blut mit einem Pulsoxymeter. 90% und mehr ist gut und alle Passagiere sollten sich regelmäßig gegenseitig überwachen. Sollte die Sauerstoffanlage versagen, gibt es noch eine Notflasche für einige Atemzüge des Piloten, der einen sofortigen Notabstieg einleiten muss.

Technische Probleme in Afrika

Wie bei einem Auto auch, kann bei einem Flugzeug so einiges unerwartet kaputt gehen. Im Gegensatz zum Auto sind Flugzeuge steinalte Technologie und werden in geringen Stückzahlen gebaut. Die Avionik (Navigationsausrüstung etc.) stammt nicht vom Flugzeughersteller selbst, sondern ist aus vielen Epochen wild zusammengewürfelt. Reparaturen dürfen nur von authorisierten Fachleuten durchgeführt werden und kein Flugzeug gleicht dem anderen. Ersatzteile gibt es nicht im Baumarkt. Unsere Strategie besteht aus drei Elementen:

  1. Gängige Ersatzteile und Werkzeuge mitführen
  2. In Cairo gibt es einen US-lizenzierten Mechaniker (der aber in der Theorie nicht an einem in Europa zugelassenen Flugzeug arbeiten darf)
  3. Wenn alle Stricke reißen fliegen wir einen Mechaniker aus Deutschland ein

Natürlich ist es eine schwere Entscheidung, welche Ersatzteile und Werkzeuge man mitbringt. Achims Hangar bräuchte zum Verschiffen mindestens zwei Seecontainer. Folgende Dinge haben wir beschlossen mitzunehmen:

  • Schraubendreher, Engländer
  • Kabelbinder
  • Klebeband
  • 2 Zündkerzen
  • 8 Quarts Motorenöl
  • 1 Ölfilter
  • Luftfilter (falls wir in einen Sandsturm geraten)
  • Sicherungsdraht
  • Drahtsicherungszange
  • Ground-Power-Anschlusskabel (falls die Batterie schwächelt)

Mit Kabelbinder und Klebeband kann man bereits 90% aller technischen Probleme auf dieser Welt lösen und dazu sind wir noch in der Lage einen kompletten Ölwechsel durchzuführen, sollte es aus irgendeinem Grund kontaminiert werden.

Spritversorgung

Aus Sicht des Piloten ist Dubrovnik die letzte Station in der zivilisierten Welt. In Griechenland ist die Spritversorgung bereits mangelhaft und in Afrika nicht existent. Auch wenn man irgendwo Sprit zugesagt bekommt, sollte man in Betracht ziehen was denn wäre, wenn dieser Sprit wider Erwarten nicht da ist oder seltsam aussieht und riecht. Wir sind sehr zuversichtlich, dass in 6th of October tatsächlich AVGAS vorhanden ist aber der Schnäppchenpreis von $5,20 pro Liter macht es nur begrenzt attraktiv. Aufgrund der guten Zuladung der Cessna und da wir nur zu Zweit unterwegs sind, haben wir 4 Kanister à 30 Liter besorgt, so dass wir zu den 333l in den Flügeltanks noch 120l Sprit mitführen können. Das reicht nicht ganz für Sitia – Ägypten – Sitia, so dass wir entweder etwas von dem guten $5,20-Sprit kaufen oder ganz verwegen entscheiden, den Sprit mit etwas Autobenzin zu strecken, was wir dann aber nur in einem der beiden Flügeltanks machen würden und den reinen Sprit für Start, Steigflug und Landung und den gepanschten für den Reiseflug einsetzen. Das wird genauso gut funktionieren, ist aber außerhalb der Zulassung des Flugzeugs. Auf jeden Fall werden wir in Ägypten mit Kanistern hantieren müssen und somit führen wir mit:

  • 4 30l-Kanister mit UN-Zulassung für Gefahrengut
  • Trichter mit eingebautem Filter (wer weiß welche Tiere im ägyptischen Sprit leben)
  • Schüttelschlauch (das ist zum Umfüllen vom Kanister in den Tank, nicht das womit sich Markus jeden Abend unter der Bettdecke beschäftigt)
  • Decke für den Flügel damit der Kanister den Lack nicht zerkratzt

Pilotenversagen

Menschliches Versagen gehört zu den weitaus häufigsten Ursachen für Flugunfälle. Die Komplexität des Flugzeugs ansich, die Bewegung im mehrdimensionalen Raum, sowie die Vielzahl beeinflussender Faktoren wie Wind, Witterung, Lufträume, Funkverkehr, etc. stellen eine grosse Herausforderung an den Menschen dar und überfordern diesen oft. Das A und O für eine sichere Flugdurchführung ist eine gewissenhafte und sorgfältige Flugvorbereitung in der man sich auch Gedanken darüber macht, was schief gehen kann und wie man dann reagiert. Denn eines hat man in einer Notsituation ganz sicher nicht: Genug Zeit.

 

Flugplanung mit Mursi

Wie man der aktuellen Presse entnehmen kann, begehen die Ägypter die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Revolution eher ausschweifend. Präsident Mursi hat deshalb für 3 ägyptische Städte den 30-tägigen Ausnahmezustand inklusiver nächtlicher Ausgangssperre verhängt. Nun liegt unser geplanter Abflugtermin nur noch gute 2 Wochen in der Zukunft und davon abgesehen, dass eine der Notstandsstädte auf unserer Flugroute liegt ist unser Agent, der sich um das Besorgen (sprich Schmieren der richtigen Leute) der Ein- und Überflugdokumente kümmern wollte, spurlos verschwunden. Wir hoffen natürlich dem Guten ist nichts passiert, wahrscheinlicher ist aber sowieso die Variante, dass er sich mit unseren Passkopien, welche er eigentlich zur Aufgabe des Flugplans hätte verwenden sollen, in ein westliches Land abgesetzt hat.

Von diesem kleineren Zwischenfall abgesehen gehen die Planungen gut voran. Heute kamen unsere Pilotenuniformen an, in der Achim wie ein billiger Callboy aussieht. Achim war gestern zudem noch ein paar Platzrunden fliegen und weiss jetzt auch wieder, wie man die Basisfunktionen der C182 bedient. Ich lese parallel die Manuals von Autopilot, Glass-Cockpit und Flarm und wir fühlen uns damit eigentlich gut vorbereitet. Jetzt hängt es an Mursi und dem Wetter und natürlich dem windigen Ägypter mit unseren Passkopien, ob wir am 14. Februar in den Himmel stechen.